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Initiative Lebensmitteldose

Lebe vom Ertrag, nicht von der Substanz: Mit dieser klaren Philosophie schrieb followfish-Chef Jürg Knoll eine Erfolgsstory. Seine wichtigsten Werkzeuge: Angeln aus Bambus und ein Tracking-Code.

von Alexander Nebe
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Die schlichte Aufmachung der Fischdosen ist Teil des Nachhaltigkeitskonzeptes von followfish
Der Appetit auf Fisch wächst und wächst. In erster Linie hat das mit der wachsenden Weltbevölkerung zu tun, dann aber auch mit veränderten Essgewohnheiten in den Industrieländern: Fisch gilt (zu Recht) als gesund und hat sich in Form von Sushi, Sashimi und Co. gar zum Lifestyle-Objekt entwickelt. Der weltweite Verbrauch stieg bereits 2014 erstmals auf mehr als 20 Kilogramm pro Kopf (Quelle: UN-Ernährungsorganisation FAO) – das ist rund doppelt so viel wie in den 1960ern. Durch diesen Appetit gilt laut aktuellem Fischereibericht der FAO fast ein Drittel der globalen Bestände bereits heute als überfischt. Etwa 58 Prozent sind demnach bereits so stark beansprucht, dass eine weitere Fangsteigerung nicht mehr möglich ist. Und einige Arten wie der Südliche Blauflossenthun oder der Europäische Aal sind de facto fast schon ausgestorben. Wie man diese düstere Entwicklung stoppen kann? Die Antwort darauf ist so simpel wie ambitioniert: durch nachhaltige Fischerei, bei der nicht mehr gefangen wird, als nachwachsen kann.
Irgendwann waren wir an dem Punkt angelangt, an dem wir so nicht mehr weitermachen und die Dinge zum Positiven verändern wollten.
Einer der Pioniere, die dazu beigetragen haben, dass in den vergangenen Jahren zumindest in Deutschland eine ganze Branche wachgerüttelt wurde, ist Jürg Knoll. Früher betrieb er in Friedrichshafen gemeinsam mit seinem Geschäftspartner und früheren Studienkollegen Harri Butsch erfolgreich einen regulären Fischhandel. Doch je mehr sich die beiden Unternehmer mit den Mechanismen der Branche auseinandersetzten, desto mehr schlug ihr Gewissen Alarm. „Irgendwann waren wir an dem Punkt angelangt, an dem wir so nicht mehr weitermachen und die Dinge zum Positiven verändern wollten“, sagt Jürg Knoll im Gespräch mit „Made For Food“.
Beim Bambusangeln hat der Mensch viel Mühe und der Fisch eine Chance zu entkommen
Die Vision: eine Welt, in der Ressourcen geschont und nicht verschwendet werden. Eine Welt, in der man vom Ertrag lebt und nicht von der Substanz. Am Ende des Umdenkungsprozesses stand 2008 die Geburt von followfish: der weltweit ersten Marke, die sowohl Lieferanten als auch Beschaffungswege komplett offenlegt und so eine Brücke von den Fischern zu den Konsumenten baut. Und die nur nachhaltig gefangene oder gezüchtete Fische verkauft. Alle zertifiziert, viele mit Biosiegel. Diese Geschäftsidee wurde in der Branche anfänglich nur mit Stirnrunzeln quittiert. „Wir sollten bitte nicht ernsthaft daran glauben, dass genug Kunden dazu bereit wären, für zertifizierte Fischprodukte aus nachhaltigem Fang mehr Geld auszugeben. Das zumindest sagten uns Branchenkollegen 2007 immer wieder, als wir mit der Idee durchstarteten“, erinnert sich Jürg Knoll. Er und sein Team hätten dagegen von Anfang an daran geglaubt, dass es genug Käufer gibt, für die der respektvolle Umgang mit der Umwelt und mit Nahrungsmitteln eine wichtige Rolle spielt.
Auf dem Fangschiff von followfish setzt man auf selektive Handarbeit
Die Männer sollten Recht behalten: Ihr Konzept wurde ein Riesenerfolg. Trotz Zweiflern und Gegenwind. Heute produziert das Unternehmen 50 verschiedene Produkte, zählt zu den erfolgreichsten Biolabeln Deutschlands, beschäftigt 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und feierte 2016 sein bislang erfolgreichstes Geschäftsjahr. Jahresumsatz: rund 42 Millionen Euro. Jährliche Wachstumsraten: zweistellig. Seit Jahren gibt es die followfish-Produkte nicht nur in Biomärkten, sondern auch bei Rewe, Edeka, Famila, Real oder Kaufland. „Wir haben Glück gehabt, dass das Thema zum Zeitpunkt unserer Startphase bereits bei den Supermarktketten angekommen war und eine große Offenheit vorherrschte. Wir waren unserer Zeit nicht voraus. Alles passte wunderbar zusammen“, so der 43-jährige Unternehmer.
“Man braucht keine Kühlkette und hat eine lange Haltbarkeit, gerade vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit ist das ein durchschlagendes Argument.”
Follow Fish – folge dem Fisch. Der Markenname ist tatsächlich Programm. Damit das auch funktioniert, benötigt der Kunde einen Tracking-Code, der auf jeder Verpackungseinheit Thunfisch, Lachs oder Kabeljau aufgedruckt ist. Wenn man diesen Code auf der Firmenwebsite eingibt, erfährt man diverse Details über die jeweilige Köstlichkeit. Zum Beispiel, dass die „Thunfischfilets im eigenen Saft“ im April 2015 im Indischen Ozean gefangen wurden. Mit Haken- oder Langleinen, die in ähnlicher Form bereits vor 900 Jahren zum Einsatz kamen. Und anders als beim Netzfang werden keine Tiere mitgefangen, an denen die Fischer gar kein Interesse haben. Der Thunfisch in Dosen zählt übrigens zu den erfolgreichsten Produkten des Unternehmens. Neben Biolachs und Kabeljau.
followfish-Gründer Jürg Knoll ist vom Verpackungsklassiker überzeugt
Gerade im Fall der bei den Malediven gefangenen Thunfische sind Dosen als Verpackungsmaterial für Jürg Knoll die optimale Lösung. „Man braucht keine Kühlkette und hat eine lange Haltbarkeit. Gerade vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit ist das ein durchschlagendes Argument. Wir können vor Ort fischen, wenn gerade genug Schwärme da sind und es somit auch wirklich sinnvoll ist. Und wir können den Beständen die nötige Zeit geben, um sich zu erholen“, sagt Knoll. Weitere Gründe, warum beim Thunfisch die Wahl auf die Verpackung aus Weißblech fiel? Produktsicherheit und die hohe Recyclingfähigkeit. Knoll und sein Team setzen sich gegen illegale Fischerei ein und führen logischerweise auch keine gefährdeten Fischarten im Sortiment. Credo: lieber auf ein Geschäft verzichten, als die Weltmeere noch weiter zu belasten. Eines möchte followfish laut Jürg Knoll allerdings auf keinen Fall sein – eine Edelmarke für Besserverdienende: „Wir stehen für Nachhaltigkeit und nicht für Luxus!“ Generell sehen er und sein Team in followfish ohnehin „weniger eine Marke als eine Bewegung“. Warum? „Weil wir visionär handeln und wirklich Dinge in der Welt verändern wollen. Wachstum um jeden Preis interessiert uns nicht. Es ist vor allem unser Commitment in Sachen Nachhaltigkeit, das neben den guten Produkten den Kern unserer Marke darstellt.“

So stressig es in seinem Unternehmerjob auch manchmal zugeht – der zweifache Vater Jürg Knoll, der sich privat nur von Bioprodukten ernährt und meist nur mit Bahn oder Elektro-Auto unterwegs ist, bleibt meist gutgelaunt: „Ich bin ein grundoptimistischer Mensch und schimpfe nur selten. Wir alle haben unser Leben doch selbst in der Hand. Ich möchte kein Opfer sein. Ich möchte selbst gestalten.“

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