Das Magazin der
Initiative Lebensmitteldose

Genuss macht Schule

Die Marke NOAN steht für Gaumenfreude in Premiumqualität – und für eine biologische Olivenölproduktion nach strengen nachhaltigen Regeln. Der Gedanke hinter der Firmengründung ist für das Wiener Ehepaar Margit und Richard Schweger allerdings ein ganz anderer.

von Alexander Nebe
Am Anfang stand der feste Wille, dem eigenen Leben eine andere Richtung, einen neuen Sinn zu geben. Und der Wunsch, angesichts des eigenen privilegierten Daseins etwas zurückzugeben. Margit und Richard Schweger hatten es sich zum Ziel gesetzt, bedürftigen Kindern die Chance auf eine bessere Zukunft zu ermöglichen – und zwar durch Zugang zu Bildung.

Die passende Idee, mit der sich soziale Projekte unterstützen lassen, kommt ihnen schließlich auf der griechischen Halbinsel Pilion, wo der Unternehmer und die Marketingmanagerin ein Haus besitzen. Zum Anwesen gehört auch ein unbewirtschafteter Olivenhain. Warum sollte nicht Olivenöl die finanzielle Basis für ihre Hilfsprojekte schaffen?

Als Richard Schweger 2008 kurz vor Ausbruch der Wirtschaftskrise seine Anteile des von ihm mitbegründeten IT-Unternehmens verkauft, ist die Geburt von NOAN beschlossene Sache. Heute steht die Marke für drei verschiedene Olivenölsorten in nachhaltig produzierter Biopremiumqualität sowie für zwei Essigsorten, Essoliven und Macadamia-Nüsse. Außer in Griechenland wird inzwischen auch in Italien, Spanien und Portugal produziert. „Wir haben NOAN nur für einen einzigen Zweck gegründet: um für Hilfsprojekte spenden zu können“, sagt Richard Schweger. Und so fließt der gesamte Reinerlös in ausgewählte nachhaltige Bildungsprojekte für bedürftige Kinder und Jugendliche. In Europa und der ganzen Welt.

Doch was bedeutet der Name NOAN eigentlich? Und wieso ist es so schwer, Olivenöl in Premiumqualität zu produzieren? Kann man als Ehepaar beruflich eng zusammenarbeiten, ohne sich in die Haare zu geraten? Und warum vertreibt NOAN Olivenöl in der Weißblechdose und nicht in der grünen Glasflasche? Wir haben den 52-jährigen NOAN-Chef Richard Schweger zum Interview getroffen.
Wann und wie wurde die Idee zu NOAN geboren?

Das war 2002 in Brasilien, wo ich geschäftlich unterwegs war und immer wieder mit großer Armut konfrontiert wurde. Abends ging ich an der Copacabana spazieren. Und als ich mich hinsetzte, um etwas zu trinken, wollte ein kleiner Junge mir die Schuhe putzen. Ich lehnte seine Dienste zunächst ab, weil ich es grundsätzlich nicht mag, wenn jemand vor mir kniet, wollte ihm aber trotzdem etwas geben. Er weigerte sich: Entweder er erledige seine Arbeit oder er nehme kein Geld. Also ließ ich ihn doch machen – und meine Schuhe waren am Ende so schön geputzt wie niemals zuvor. Danach habe ich für ihn und seine Geschwister noch etwas zu essen gekauft. Nach dieser Begegnung war mir klar, dass ich Kindern helfen möchte, die den Wunsch und den Willen haben, sich ein besseres Leben aufzubauen. Und der Schlüssel dazu ist nun mal Bildung. Meine Frau hatte während eines Business-Trips nach Indien ähnliche persönliche Erlebnisse, so dass wir uns beide einig waren.
Weil es bei Spitzenölen auf die feinen Unterschiede ankommt, hat NOAN gleich drei aromatische Sorten im Angebot
Wie viele schlaflose Nächte hat Ihnen das Projekt beschert?

So einige! Vor allem, weil wir uns immer wieder aufs Neue am Markt positionieren und kämpfen mussten und müssen. Es gab in der Vergangenheit immer wieder mal Phasen, in denen wir Tiefs durchschritten und uns die Frage stellten, ob wir wirklich auf dem richtigen Weg waren. Und jetzt, wo wir mit den unterschiedlichsten Herausforderungen vertraut sind, bewundern wir jeden Landwirt umso mehr, der ein Topprodukt produziert. Es ist wirklich der härteste Job, den man sich vorstellen kann …

Warum ist das so schwer?

Weil man persönlich nie besser sein kann als die Natur. Es gibt nur ganz bestimmte Oliven, mit denen man ein Öl der Spitzenklasse produzieren kann. Wenn das Naturprodukt keine exzellente Qualität hat, dann nützen alle anderen Bemühungen gar nichts. Deshalb mussten wir mithilfe eines Oleologen erst einmal herausfinden, ob die Oliven aus unserer Region überhaupt das Potential für Spitzenqualität haben. Generell gibt es ganz klare Parameter, wenn man ein Spitzenöl produzieren will. Dazu zählt zum Beispiel die Bestimmung des perfekten Erntezeitpunkts. Ist der richtig gewählt, kann man bei wichtigen Kriterien wie Frucht, Bitterkeit und Schärfe am meisten punkten. Ich gehe hier jetzt lieber nicht weiter ins Detail – aber glauben Sie mir: Das Thema ist eine Wissenschaft für sich.

Wie nachhaltig sind die Produkte produziert?

Wir setzen ausschließlich auf biologische Landwirtschaft und eine faire Zusammenarbeit mit den regionalen Bauern. Außerdem kommt für uns nur der Einsatz von umwelt- und gesundheitsverträglichen Verarbeitungsverfahren infrage.

Wo steht NOAN heute?

Wir bekommen immer mehr Zuspruch und Anerkennung – auch in Form von Preisen. Eine Reihe von Spitzenköchen verwendet unsere Produkte und sie kommen in internationalen Tophotels wie dem Sacher in Wien oder dem Adlon in Berlin zum Einsatz. Kunden schreiben uns, dass sie nicht mehr auf unsere Öle verzichten könnten und sie sogar ins Restaurant mitnehmen. Das motiviert uns natürlich sehr. Es entwickelt sich alles sehr erfreulich. Noch sind wir aber nicht da, wo wir hinwollen. Wir spenden bei NOAN im Rahmen der gegebenen Zusage zehn Prozent des Unternehmensumsatzes. 2016 lagen wir da bei 31.000 Euro. Wir arbeiten aber darauf hin, dass wir uns irgendwann bei einem jährlichen Spendenvolumen von 100.000 Euro einpendeln. Insgesamt konnten wir bislang übrigens 150.000 Euro spenden.

Wieso haben Sie sich für die Weißblechdose als Verpackung für Ihre Produkte entschieden?

In der Anfangsphase von NOAN sind wir nach Verona auf die Fachmesse gefahren – und da sahen wir gefühlt eine Million grüne Olivenölflaschen. Als wir zurück ins Hotel fuhren, sagte meine Frau, die sich in Vertrieb und Marketing sehr gut auskennt, zu mir: „Eines kann ich dir jetzt schon mit Sicherheit sagen: Wir füllen unser Öl garantiert nicht in grüne Glasflaschen ab!“
Es war also vor allem ein Marketingimpuls?

Wir wollten uns von den Mitbewerbern klar differenzieren und wollten für unsere Produkte einen cleanen, coolen und urbanen Look designen. Deshalb die Weißblechdose. In der Summe gab es aber natürlich noch weitere gute Argumente, die für diese Art der Verpackung sprachen. Weißblech ist lichtundurchlässig und bietet somit optimalen Produktschutz. Wir haben die Qualität unserer Olivenöle so lange unter Kontrolle, bis der Konsument sie bei sich zu Hause hat.

Gab es noch weitere Gründe?

Die Dose hat weniger Gewicht und es sind so gut wie keine Bruchschäden zu befürchten. Da wir unsere Produkte auch viel per Online-Shop vertreiben, war das für uns ein gewichtiges Argument. Und dann ist da ja noch die Recyclingquote von fast 100 Prozent. Insgesamt also eine Summe von guten Argumenten dafür, warum wir unser Olivenöl in Weißblech verpacken. Und inzwischen haben wir ja sogar schon ein paar Nachahmer.

Inwieweit hat der erfolgreiche Verkauf Ihrer IT-Firma den Startschuss für NOAN gegeben?

Meine Frau und ich waren schon vorher an einem Punkt angelangt, an dem wir eine Veränderung im Leben wollten und die Zeit reif war für eine neue Berufung. Das finanzielle Polster hat es uns aber natürlich leichter gemacht, den großen Schritt zu wagen. Zumal wir ja Mittel übrig haben mussten, um das Projekt durch das Eigeninvestment überhaupt anschieben zu können. Ein Investment, das nun mal einzig und allein dem Gemeinnutzen dient.

Ihre Prioritäten haben sich demnach stark verändert?

Wir hatten so viel Glück im Leben und haben keinen Sinn mehr im Streben nach immer mehr und mehr gesehen. Es war einfach unsere Pflicht, etwas zurückzugeben.

Birgt es nicht Konfliktpotenzial, wenn man als Ehepaar auch beruflich eng zusammenarbeitet?

Natürlich gibt es ab und zu auch mal Zoff – aber das Gute ist, dass wir in ganz unterschiedlichen Bereichen unsere Stärken haben: Margit ist zum Beispiel unschlagbar in Sachen Vertrieb, Marketing und Kundenbetreuung, ich bin für Finanzen, Organisation und die Rolle des Landwirts zuständig. Wir ergänzen uns perfekt und hocken ja auch nicht die ganze Zeit aufeinander. Und außerhalb des Büros ist NOAN ein Tabuthema. Da gibt es keine Ausnahmen und meine Frau ist dementsprechend streng, wenn ich es doch mal versuche! (lacht)

Sie und Ihre Frau haben zwei gemeinsame Kinder. Hat deren Geburt Sie für die vielen Probleme auf unserem Planeten zusätzlich sensibilisiert?

Auf jeden Fall! Wenn du Kinder hast, dann hebt dich das auf eine ganz neue emotionale Ebene und eröffnet dir einen ganz anderen Zugang zu Themen wie Nachhaltigkeit. Und deshalb ist es ja auch kein Zufall, dass sich unser Markenname aus den ersten beiden Buchstaben der Namen unseres Sohnes und unserer Tochter zusammensetzt. Die heißen nämlich Noah und Anouk.
Margit und Richard Schweger finden stets die richtige Balance zwischen Ehe- und Geschäftsleben
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